Lehrpfad Rindvieh – mehr als nur Muh!
Familienbande
Wie funktioniert eine Rinderherde?
- Gras fressen, Fliegen vertreiben, Kälber erziehen – all das machen Rinder in der Herde gemeinsam. Nur in der Gruppe unter ihresgleichen fühlen sie sich wohl und sicher.
- Die Rinderherde wird immer von erfahrenen, meist etwas älteren Kühen angeführt – männliche Tiere haben grundsätzlich nichts zu entscheiden. Hier ist Mama die Chefin…!
- Ungefähr ab der 2. Alterswoche schliesst sich das Kalb einer Kälbergruppe in der Herde an, welche immer von erfahrenen Kühen oder auch vom Stier beaufsichtigt wird.
Blüemlikavalier
Was tut der Stier den ganzen Tag?
- Kurz und knapp: er sorgt für Nachwuchs! Dafür behält er jederzeit den Überblick über die Brunstzyklen aller Kühe – ein Job, der viel Aufmerksamkeit und Hingabe erfordert.
- Die brünstige Kuh gibt Duftstoffe ab. Mit seiner aufgestülpten Oberlippe kann der Stier erschnüffeln, wann genau ihr Eisprung und der optimale Befruchtungszeitpunkt eintritt.
- Der Stier ist sehr verliebt in die brünstige Kuh. Wehe dem, der sich jetzt an seine Geliebte heranwagen sollte: er wird sofort vertrieben – ob anderer Stier, Kuh oder Mensch!
Muske(l)tiere
Wie reagiert die Herde auf Eindringlinge?
- Einer für alle – alle für einen! Sobald ein Eindringling auftaucht, ist die ganze Herde zur Stelle, um die Bedrohung abzuwehren.
- Jungtiere sind für Raubtierangriffe besonders gefährdet. Daher werden sie speziell gut bewacht und verteidigt.
- Die Herde verteidigt sich auch gegen den Menschen, wenn er zu nahe kommt und als mögliche Gefährdung eingeschätzt wird – insbesondere in Hundebegleitung.
Unruhestifter
Warum mögen Kühe keine Hunde?
- Rinder erkennen in unseren Hunden deren Vorfahren, den Wolf. Auch wenn diese nicht mehr wie Wölfe aussehen, sind ihre Körpersprache und Bewegungsmuster immer noch ähnlich.
- Die Kuh unterscheidet nicht, ob der Hund sie angreift oder nur spielen will. Wenn sie sich bedrängt fühlt, wird sie sich und ihre Herde in jedem Fall verteidigen.
- Führen Sie Ihren Hund in jedem Fall an der kurzen Leine und umgehen Sie die Herde sehr grossräumig. Lassen Sie Ihren Hund weder die Herde anbellen noch herumjagen
Kuhgeflüster
Wie sprechen Rinder miteinander?
- Rinder verständigen sich vor allem über ihre Körpersprache. Über Kopfhaltung, Stellung der Ohren oder des Schwanzes können sie ausdrücken, ob sie entspannt oder ängstlich sind.
- Haben Rinder den Kontakt zur Herde verloren, sind aufgeregt oder hungrig, äussern sie dies durch verschiedene Muh-Laute. «Hörbare» Herden sind meist durch irgendetwas beunruhigt.
- Der Geruch spielt beim Zusammenleben in der Herde ebenfalls eine wichtige Rolle. Fremd riechende Tiere oder Menschen können schon aus grosser Distanz erkannt werden.
Rührmichnichtan
Warum muss ich Distanz halten zur Herde?
- Wir mögen nicht, wenn uns fremde Menschen zu nahe kommen. Genauso fühlt sich auch ein Rind bedrängt, wenn seine Individualdistanz unterschritten wird.
- Beobachten Sie die Herde, die Sie unterwegs antreffen: Wo sind die Tiere? Wo befinden sich die Kälber? Wo führt der Wanderweg durch?
- Wählen Sie eine mögliche Alternativroute, um der Herde ihren Raum zu lassen. Gehen Sie in ruhigem Tempo vorbei und vermeiden Sie dabei intensiven Blickkontakt zu den Tieren.
Schlupfloch
Wann muss ich Weidetore schliessen?
- Hinterlassen Sie Weidetore so, wie Sie sie angetroffen haben: Offene Tore lassen Sie offen, geschlossene Tore schliessen Sie wieder. Sprechen Sie sich in Wandergruppen ab.
- Dies gilt auch für Elektrozäune und sonstige Zaundurchgänge, die Sie mit den isolierten Plastikgriffen gefahrlos bedienen können.
- Betreten Sie Weiden nur durch vorgesehene Eingänge, kriechen Sie nicht unter dem Zaun hindurch. Die Herde gewöhnt sich an Personen auf den offiziellen Wegen.
Signalwirkung
Welche offiziellen Signalisationen treffe ich an?
- Zu Ihrem Schutz werden Sie bei Weiden, in denen sich Rinderherden mit Jungtieren aufhalten, an deren vorgesehenen Zugängen durch die offizielle grüne Warntafel informiert.
- Auch wenn die Tiere gerade nicht sichtbar sind, können Sie davon ausgehen, dass sich in der Weide eine Rinderherde aufhält. Bei Abwesenheit der Tiere werden die Tafeln entfernt.
- Die grüne Tafel wurde als offizielles Warnsignal von Mutterkuh Schweiz und der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) erarbeitet und gefördert
Gastfreundschaft
Innen / aussen am Zaun – spielt es eine Rolle?
- Rinder können sehr gut unterscheiden, ob Sie sich innerhalb oder ausserhalb des Zaunes befinden. Sie wissen, dass der Zaun die Herde eingrenzt sowie vor Eindringlingen schützt.
- Auf der Weide sind Sie bei der Herde zu Gast. Ebenso wenig, wie Sie durchs Badefenster ins Haus von Freunden kriechen, sollten Sie dies bei der Weide unter oder über den Zaun tun.
- Lassen Sie auch Ihren Hund nicht unter dem Zaun hindurch auf die Weide rennen, sondern nutzen Sie für seinen Freilauf geeignete Flächen ohne Weidetiere.
Wegelagerer
Kühe lagern auf meinem Weg – was nun?
- Ruhende Tiere beobachten herannahende Fussgänger sehr genau. Sie können plötzlich erschrecken und aufspringen, wenn sie sich bedrängt fühlen.
- Umgehen Sie die Herde – gehen Sie nach Möglichkeit nicht zwischen den ruhenden Tieren hindurch. Stehen die Tiere dennoch beunruhigt auf, vergrössern Sie Ihre Distanz zur Herde.
- Befinden Sie sich in topographisch schwierigem Gelände, wählen Sie zum Umgehen der Herde nach Möglichkeit die Bergseite.
Versteckspiel
Warum liegen Kälber alleine im Gras?
- Die Kuh versteckt ihr Kalb nach der Geburt oft abseits der Herde, um es vor Feinden zu schützen. Sein noch fehlender Eigengeruch und das bewegungslose Liegen tarnen das Kalb.
- Mehrmals am Tag sucht die Mutter ihr Kalb auf, um es zu säugen. Wenn es nach ein paar Tagen kräftig genug ist, um mitzulaufen, bringt sie es zur Herde.
- Wenn Sie auf ein scheinbar verlassenes Kalb treffen, entfernen Sie sich rasch und ruhig, denn seine Mutter behält es genau im Auge. Fassen Sie das Kalb nicht an.
Schneckentempo
Warum soll ich mich ruhig bewegen ?
- Durch die seitliche Anordnung der Augen besitzt das Rind fast Rundumsicht, ohne den Kopf zu drehen. Einzig direkt hinter sich und unter seiner Nase hat es eine kleine blinde Zone.
- Im Vergleich zum Mensch nimmt das Rind schon kleinste Bewegungen sehr früh wahr und beobachtet sie aufmerksam: Könnte es ein gut getarntes Raubtier sein?
- Schnelle, fuchtelnde Bewegungen können Rinder schlecht einschätzen, was zu Reflexen wie Flucht oder Angriff führen kann.
O-Oh…!
Was tun, wenn es doch brenzlig wird ?
- Ziehen Sie sich möglichst rasch und ruhig zurück. Behalten Sie dabei die Herde im Auge, aber vermeiden Sie direkten Blickkontakt zur Herde.
- Rennen Sie nicht weg - dies kann die Tiere zusätzlich noch animieren. Zudem erhöht sich dadurch die Stolpergefahr für Sie.
- Lassen Sie Ihren Rucksack oder eine Jacke liegen – dies kann kurzfristig die Aufmerksamkeit der Tiere von Ihnen ablenken.
Rucksackznüni
Warum sollte ich Rinder nicht füttern?
- Rinder lernen schnell - zum Beispiel, dass Menschen in Rucksäcken Essbares herumtragen. Sie «helfen» auch dann beim Auspacken, wenn der Mensch gar nichts davon abgeben will.
- Nicht alles, was uns Menschen schmeckt, ist auch gesund für Kühe. Wenn das sensible Verdauungssystem der Kuh durcheinander gerät, wird sie krank.
- Füttern führt meist zu Streitigkeiten und Futterneid in der Herde, die mit Kopfstössen ausgetragen werden. Gerät der Mensch dazwischen, wird es gefährlich.
Hebamme
Was soll ich tun, wenn ich eine Geburt sehe?
- Normalerweise bringen Kühe ihre Kälber problemlos selber zur Welt, oft etwas abseits der Herde. Im Moment der Geburt ist die Kuh naturgemäss schutzlos und daher nervös.
- Stören Sie die Geburt nicht – halten Sie einen weiträumigen Abstand ein und gehen Sie ruhig weiter.
- Der Tierhalter oder die Tierhalterin wird regelmässig das Wohlbefinden von Kuh und Kalb kontrollieren.